Anlässlich des heutigen Ältestenrates äußert sich Dr. Jan Bollinger, 1. stellvertretender Fraktionsvorsitzender wie folgt: „Unsere AfD-Bundestagsfraktion hat den Entwurf der Bundesregierung zur Änderung des Infektionsschutzgesetzes im vergangenen Plenum abgelehnt.

Das Gesetzesvorhaben der Bundesregierung untergräbt die grundgesetzlich festgelegte föderale Architektur der Bundesrepublik Deutschland. Wie der ehemalige Richter am LVerfG RLP, Friedhelm Hufen, halten wir insbesondere den durch das Gesetz intendierten Eingriff des Bundes in die Länderkompetenz über die Öffnung und Schließung der Schulen für ‚glatt verfassungswidrig‘.

Wir stimmen Herrn Hufen ebenfalls zu, dass das Infektionsschutzgesetz (in Bezug auf manche Regelungsinhalte) ‚nicht lächerlicher sein‘ könnte und ein Ungetüm und eine Katastrophe sind. Es gibt daher für uns keinen Grund, die Zuständigkeit der Bundesländer im Kampf gegen Corona zu beschneiden und dadurch den Föderalismus zu entkernen.

Die geplante Verschärfung des Infektionsschutzgesetzes ist nicht nur ein zukünftig gängiges Handlungsmuster für weitreichende allgemeine Grundrechtsbeschneidungen durch den Bund, sondern schränkt auch noch die Möglichkeit der Staatsbürger erheblich ein, sich rechtlich gegen die unangemessenen und überzogenen Maßnahmen zu wehren: Konnten sich Betroffene bisher durch Anrufung der Landesverwaltungsgerichte gegen die rechtswidrigen Verordnungen wehren, bleibt nun nur noch die Verfassungsklage vor dem Bundesverfassungsgericht, die sehr teuer und von den meisten Betroffenen kaum leistbar ist. Der Rechtsschutz wird also per Gesetz derart ausgehebelt, dass Betroffene ihn sich künftig nicht mehr leisten können.

Zusätzlich wird das Bundesverfassungsgericht durch die Fülle der Klagen hoffnungslos überfordert werden, der Rechtsstaat dadurch zusätzlich lahmgelegt.

Das Einsperren der Menschen durch nächtliche Ausgangsverbote ist aus unserer Sicht unnütz und grob unverhältnismäßig, da der Nutzen der Ausgangssperren äußerst fragwürdig ist. Erst kürzlich haben deutsche Aerosolforscher die Ausgangssperren als unnütze Symbolpolitik bezeichnet und beklagt, dass bei der Planung nicht der neueste Forschungsstand zu Grunde gelegt würde. Heute erschien in der Allgemeinen Zeitung ein Artikel hierzu: ‚Forscher sehen keinen Sinn in nächtlichen Ausgangssperren‘:

https://www.allgemeine-zeitung.de/lokales/rhein-main/forscher-sehen-keinen-sinn-in-nachtlichen-ausgangssperren_23555647

Am  15. April  hat das VG Mainz die von der Stadt Mainz verhängte Ausgangssperre als ‚offensichtlich rechtswidrig‘ bezeichnet und aufgehoben.

Wie immer mehr Fachexperten der Epidemiologie, der Medizin im Allgemeinen oder anderer Disziplinen sind wir außerdem der Auffassung, dass die sogenannten Inzidenzzahlen nicht als alleinige Grundlage für massive und automatische Eingriffe in Grund- und Freiheitsrechte geeignet sind. Ein festgeschriebener Inzidenzwert, egal ob 35, 50 oder 100, stellt für sich alleine kein belastbares Kriterium für die Einschränkung von Grundrechten dar.

Die Bundesregierung maßt sich mit ihrer Änderung des Infektionsschutzgesetzes Handlungskompetenzen an, die ihr von Rechtswegen nicht zustehen, um von ihrem offenkundigen Versagen etwa bei der Impfstoffbeschaffung abzulenken. Es ist nicht hinnehmbar, dass diese Bundesregierung demokratische Grundprinzipien beschädigt, weil sie nicht davon ablassen kann, sich an ihrem gescheiterten Dauer-Lockdown festzuklammern.

Wir fordern eine sofortige Sondersitzung des rheinland-pfälzischen Landtags, in der über diese dramatische Entwicklung beraten wird. Es ist die Pflicht der von den Bürgern demokratisch gewählten Volksvertreter, darüber zu entscheiden, ob sie einen solchen Frontalangriff auf den Föderalismus hinzunehmen gewillt sind oder ob sie die Landesregierung beauftragen möchten, für Rheinland-Pfalz mit der Mehrheit der Mitglieder des Bundesrats den Einspruch einzulegen und damit zumindest die Einsetzung des Vermittlungsausschusses zu erzwingen.

Dr. Jan Bollinger ist 1. stellvertretender Vorsitzender der AfD-Fraktion im Landtag von Rheinland-Pfalz